Ornithologenverband
Sachsen-Anhalt e.V.

Kraniche in Sachsen-Anhalt

Werte Mitbeobachter, liebe Freunde und Kollegen, Vogelfreunde und Kranichfans,

seit März des Jahres 2013 haben wir, Jana und Axel Schonert, die Landeskoordination Kranich für unser Bundesland übernommen. Zukünftig wollen wir nun diese „Flaggschiffart“ in Naturschutz und besonders Öffentlichkeitsarbeit in einen größeren Kontext stellen. Dazu arbeiten wir mit der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby, dem NABU Sachsen-Anhalt, dem Fachvorstand Kranichschutz Deutschland sowie der Kranichschutz Deutschland GmbH zusammen. Ziel ist einerseits die zentrale Sammlung von Daten, aber insbesondere auch deren Auswertung und Verfügbarmachung im Sinne des Arten- und Naturschutzes sowie die Einbindung „unserer“ Kraniche in den gesamtdeutschen Rahmen. Da die Art sich nach wie vor in Ausbreitung nach Südwesten befindet, rechnen wir gerade hier mit bemerkenswerten Entwicklungen.

Mitstreiter

Kranichberingung ist Teamwork; Beringer, lokale Kranichfreunde, FÖJler, Studierende, Behördenmitarbeiter und Förster – sie alle vereint die Leidenschaft des Kranichschutzes und treffen sich zur Kranichberingung an einem Sonntag Morgen schon 04:30 Uhr früh. Im Bild ebenso die Jungkraniche „Nico“ und „Heiko“, beringt am 12.06.2021.

Foto: A. Schonert

Was hilft uns bei dieser Tätigkeit?

Brutdaten

Kranichküken

Also die möglichst ortsgenaue Angabe von Brut- bzw. Revierpaaren. Angaben zu Bruterfolg/Anzahl Jungvögel etc. sind nützlich, jedoch nicht um jeden Preis nötig. Die Beurteilung des Status der Beobachtung, also ob dies noch Zug oder schon ein Revierpaar sein könnte, obliegt völlig dem Beobachter. Die Orientierung an den „Methodenstandards“ 2005 ist dabei sicher sinnvoll. Um eine sinnvolle Koordination zu ermöglichen, wenden Sie sich bitte an den jeweiligen Kreiskoordinator entsprechend der folgenden Tabelle. Gern stellen wir den Kontakt her!

KreisKontakt
Altmarkkreis Salzwedel Holzäpfel, Renate
Landkreis Anhalt-Bitterfeld Richter, Manfred
Scheil, Gerhard
Todte, Ingolf
Bördekreis Sender, Wolfgang
Burgenlandkreis Weißgerber, Rolf
Dessau-Roßlau Schwarze, Eckhardt
Halle Schönbrodt, Mark
Stenzel, Tobias
Landkreis Jerichower Land Fonger, René
Saalekreis Schwarz, Udo
Salzlandkreis Todte, Ingolf
Landkreis Stendal Friedrichs, Torsten
Landkreis Wittenberg Schonert, Jana & Axel

Das Projekt der landesweiten Kranich-Brutplatzerfassung 2022 ist erfolgreich abgeschlossen. Dabei wurde in Sachsen-Anhalt für 2022 ein Kranich-Brutbestand von 950 Paaren ermittelt. Zur Fortführung des Projekts wird auch für 2023 nach der bekannten Methodik um die Übermittlung von Kranichbrutplätzen an die Koordinatoren gebeten. Dafür steht ein Erfassungsbogen (PDF) zur Verfügung.

Rastdaten

Rast

Daten von Zählungen an Rastplätzen/Schlafplätzen bzw. die Angabe zu neuen Rastplätzen, wenn möglich sollten unbedingt zu den Synchronzählungsterminen Zählungen organisiert werden. An diesen Terminen wird in ganz Deutschland der Rastbestand gezählt, was eine sehr genaue Gesamtzahl ermöglicht. Gern nehmen wir zusätzlich alle Zählergebnisse zur Dokumentation der Entwicklung am jeweiligen Standort.

Zugdaten

Zug

Bemerkenswerte Einzelbeobachtungen wie Massenzüge, Winterbeobachtungen usw., die eventuell überregional in einen Zusammenhang gestellt werden können.

Wir würden uns über die Übermittlung von Daten sehr freuen. Ob per Telefon, Email oder brieflich ist zweitrangig. Eine bequeme Möglichkeit ist auch die Eingabe der Daten in dem Internetportal Ornitho.de. Darauf wurden wir bereits angesprochen und wir halten das für eine tolle Idee! Auf Antrag und nach Zustimmung der Steuerungsgruppen Deutschland und Sachsen-Anhalt haben wir für den Kranich in Sachsen-Anhalt erweiterte Zugriffsrechte erhalten, sodass dort eingegebene Beobachtungen von uns gesehen und genutzt werden können. Diese Möglichkeit ist schon aufgrund der dort einfach machbaren Lokalisierung inklusive MTB, Koordinaten und Landkreis enorm praktisch! Allerdings kann dies nicht die koordinierte Datensammlung über die entsprtechenden Kreiskoordinatoren ersetzen, da sonst Doppelzählungen nicht vermieden werden könnten. Sollten Sie also Ihre Daten bei ornitho.de eingeben, so melden Sie diese bitte unbedingt parallel bei dem zuständigen Koordinator.

Grundsätzlich freuen wir uns über jede Kontaktaufnahme, Tipps, Hinweise, Wünsche, Vorschläge etc.!

Herzliche Grüße aus der Wittenberger Elbaue,

Jana und Axel Schonert - per E-Mail erreichbar unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Bericht der LAG 2022

Zusammenfassung

Im Jahr 2022 konnte die ehrenamtliche Arbeit der Kranichschützer des Landes Sachsen-Anhalt mit einem hohen Maß an Kontinuität und Engagement fortgeführt werden. Die Beobachtungen und Daten vieler engagierter Feldbeobachter offenbaren erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1998 eine Stagnation der Zahl der Brutpaare. Inwieweit dem methodische Ursachen zugrunde liegen, wird erst der langfristige Trend zeigen. Diese Stagnation zeigt sich ebenfalls in der Zahl der beobachteten Jungvögeln, die jedoch bereits seit Jahren auf niedrigem Niveau verharrt. Die Rastzahlen bewegen sich auf stabilem Niveau, besonders der Helmestausee ist hierbei von größter Bedeutung. Dort wird nach wie vor engagiert an der Verbesserung der Bedingungen für die Kranichrast und damit viele andere Vogelarten gearbeitet. Es konnten 15 Kraniche farbberingt werden, das ist neuer Rekorderfordert jedoch ein Maß an Geländeeinsatz, der nicht dauerhaft durchzuhalten sein wird.

Einleitung

Ehrenamtliches Engagement, insbesondere in größeren Gruppen und über lange Zeiträume hinweg leben vom kollegialen bis freundschaftlichen Miteinander. Leider ist die Distanz zwischen den Regionen eines Flächenlandes wie Sachsen-Anhalt sehr groß und daher ist die jährliche Landeskranichtagung der zentrale Termin im Jahr, bei dem sich alle wiedersehen können. Dabei werden jahrzehntelange Freundschaften gepflegt. Im März 2023 konnte nach zweijähriger Corona-Pause nun endlich wieder ein solches Treffen stattfinden! Am 04. März kamen 68 Kranichfreunde auf Einladung des Biosphärenreservates Mittelelbe im „Haus der Flüsse“ in Havelberg zusammen. Welche ein Wiedersehen, welche Freude! Bei der ganzen Geländearbeit, der vielen Daten, der aufwendigen Datenverarbeitung und -verwaltung; das Zwischenmenschliche ist eine wesentliche Komponente des Kranichschutzes, und das ist gut so!

Material und Methoden

Neben der traditionellen Datenübermittlung hat sich mittlerweile die Datenerfassung der Brut über ornitho.de stabilisiert. Viele Feldbeobachter geben ihre Beobachtungen gleich im Felde per Smartphone ein, kein nachträglicher Schreibkram mehr, kein Aufschieben von Hausaufgaben zur Zusammenstellung und Übermittlung der Daten – das ist sehr komfortabel und führt zu vielen nützlichen Beobachtungen. Auch bei Schlafplatzdaten überwiegen mittlerweile die Daten aus dem online-Portal. An dieser Stelle die Bitte an alle Nutzer, die Beobachtung an einem Schlafplatz stets mit der Angabe „Schlaf- oder Sammelplatz“ bei „Präzisierung der Beobachtung“ zu verwenden. Das hilft den fleißigen Kranichfreunden, die an vielen dunklen Abenden die Daten filtern und auswerten müssen, sehr!

Die Weiterverarbeitung der Daten in MultiBaseCS ist als nächster Schritt arbeitsreich, aber lohnend, da hierdurch eine veritable Datenbank mit tausenden Einträgen und sehr schneller Abrufbarkeit von Daten wächst und gedeiht. Immer wieder erreichen uns Anfragen von Naturschutzbehörden, denen mit diesen Daten zugearbeitet werden kann und so der Kranich bei Vorhabenplanungen die ihm zustehende wichtige Rolle auch als Schirmart spielt.

Ergebnisse

Brutbestand

Seitdem die Zahl der Kranichpaare in Sachsen-Anhalt systematisch und jährlich erfasst wird, sehen wir statt einem deutlich positiven Bestandstrend gegenüber dem Vorjahr eine Stagnation. Gegenüber 963 Brutpaaren 2021 wurden für 2022 „nur“ 953 Paare dokumentiert. Statt, wie erwartet, endlich vierstellig zu werden, verharrt die Bestandszahl in unserem Bundesland etwa auf Vorjahresniveau. Da gleichzeitig die Zahl der bekannten Brutplätze dem langfristigen Trend folgend von 1.132 auf 1.198 gestiegen sind, öffnet sich hier eine Schere. Eine Ursache kann methodisch begründet liegen; die zunehmende Zahl per ornitho.de gemeldeter Paare stellen jeweils nur besetzte Brutplätze dar. Für die jährliche Ermittlung ist jedoch auch die Angabe nicht besetzter Brutplätze sehr wichtig. Grundsätzlich entspricht diese Stagnation jedoch durchaus dem Bauchgefühl vieler sachsen-anhaltischer Kranichschützer. Es bleibt also spannend und der positive Bestandstrend beim Kranich ist keineswegs für immer fest gebucht!

Kranich 2022 Tab1 

Tab. 1: Brutplätze in Sachsen-Anhalt und Bestand 2022

Kranich  2022 Abb2

Abb. 2: Kranichpaare 2022

 

Jungvögel

Die Zahl der beobachteten Jungkraniche liegt mit 161 auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie im Vorjahr. Die Zahl stagniert praktisch seit der Jahrtausendwende um Werte von etwa 100 bis 160 Jungkraniche pro Jahr und zeigt mit dieser Konstanz eine erhebliche Differenz zu den (bislang) kontinuierlich steigenden Brutpaarzahlen. Nach Feldbeobachtungen ist die Trockenheit der vergangenen Jahre diesbezüglich ein Thema. Aber auch die Besiedlung suboptimaler Habitate und daraus resultierend schlechte Erfolgsraten. Nicht zuletzt führen die hohen Fuchsbestände zu einem hohen Maß an Prädation und auch in diesem Jahr erfuhren wir wieder von Prädation durch den Wolf. Dies soll jedoch keineswegs als Argument gegen die erfolgreiche Wiederansiedelung des großen Grauen dienen – diese Form der Prädation ist völlig normal und keinesfalls bestandsgefährdend.

Kranich 2022 Abb3

Abb. 3: Entwicklung von Paaren und beobachteten nicht-flüggen Jungvögeln von 1998 bis 2022

 

Schlafplätze

Die Zahl in Sachsen-Anhalt rastender Kraniche bewegt sich auf stabilem Niveau. Die Summe der Schlafplatz-Maxima als methodisch seit 1998 konstanter Indikator bewegt sich mit 55.455 Kranichen nach 48.650 Kranichen im Vorjahr innerhalb normaler Schwankungsbreiten und, wie jeder praxiserfahrene Kranichzähler weiß, innerhalb normaler Zählunsicherheiten in der Abenddämmerung am Schlafplatz. Wie immer dominiert hier der Helmestausee mit ca. 40.000 Vögel mehr als deutlich und unterstreicht einmal mehr die enorme Bedeutung dieses Schlafplatzes.

Auffällig ist, dass die Datenbank zu einigen traditionellen Schlafplätzen keine Daten ausweist. Manche dieser Flachwasserzonen sind nun bereits seit Jahren trocken und bleiben damit ungenutzt. An mehreren Schlafplätzen fehlen jedoch mittlerweile die wetterfesten Zähler, sodass die Datenerfassung deutliche Lücken erfährt. Hier ist zukünftig verstärkt der Fokus zu legen, um die tolle Arbeit aus Jahrzehnten nicht abreißen zu lassen.

Kranich 2022Abb4

Abb. 4: Höchstzahlen am Schlafplatz Helmestausee im Jahresvergleich

 

Beringung

Beim Thema Beringung schielen wir Sachsen-Anhalter stets ein wenig neidisch nach Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg, wo die beringungswilligen Jungkraniche praktisch stapelweise am Wegrand warten. Hier, in der schönen Mitte Deutschlands, ist Kranichberingung noch echte Arbeit! Umso erfreulicher, dass wir das Rekordergebnis von 2021 nochmals toppen konnten; 2022 wurden erfreuliche 15 Vögel beringt! Dies ist allein auf das große Engagement unserer Beringer und der vielen Beringungshelfer zurückzuführen. Die mittlerweile schon seit 5 Jahren durchgeführte Farbmarkierung hat nun schon tolle Ergebnisse erbracht, viele Fragen beantwortet, aber ebenso viele Fragen neu aufgeworfen. Jetzt warten wir händeringend auf die ersten Meldungen „unseres“ Nachwuchses als Brutvögel.

Brennpunkt Helmestausee

Wann immer über den Kranich auf Landes- oder Bundesebene gesprochen wird, das Interesse an der weiteren Entwicklung am Helmestausee ist immer groß. Daher konnten wir für die Landeskranichtagung im März 2023 Frau Dr. Urte Bachmann vom Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz als Referentin gewinnen, um den aktuellen Sachstand zu präsentieren. Dies sei hier kurz und ohne Anspruch auf Vollständigkeit kurz skizziert.

Das Land Sachsen-Anhalt engagiert sich nach wie vor enorm vor Ort. Unter der Trägerschaft des Talsperrenbetriebes Sachsen-Anhalt wird intensiv am „Kranich-Erlebnis-Zentrum“ gearbeitet. Ein provisorischer (dennoch toller!) Beobachtungsturm steht bereits, seit Jahren sind zwei Kranichranger vor Ort aktiv. Der provisorische Turm wird durch eine fantastische fünfetagige Holzkonstruktion ersetzt werden. Der Leuchtturm vor Ort wird jedoch das „Kranich-Erlebnis-Zentrum“ mit wahnsinnig spannender Ausstellung. Dazu laufen bereits die ersten Bauarbeiten vor Ort, es geht also vorwärts! Und wer sich an die 20. Landeskranichtagung Sachsen-Anhalt in Strenzfeld erinnert; Frau Ministerin Dalbert hat Wort gehalten, Chapeau!

Parallel dazu ist ein länderübergreifendes Kranich-Schutzprojekt geplant: „Kranich(t)raum Goldene Aue – Perspektiven für Mensch und Natur“. Darin werden über ein Förderprojekt des Bundesprogrammes Biologische Vielfalt unter Mitwirkung vieler regionaler und überregionaler Akteure wie dem NABU Sachsen-Anhalt, dem Landschaftspflegeverband Südharz-Kyffhäuser, der Stadt Heringen/Helme, dem Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt, dem Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Land Thüringen Vorhaben zum Artenschutz und der Öffentlichkeitsarbeit entwickelt. Und welcher andere Vogel als der Kranich kann den Botschafter für den Artenschutz in der Öffentlichkeit darstellen? Wir werden weiter berichten, versprochen.

Wir freuen uns wahnsinnig über all diese Aktivitäten vor Ort und wünschen allen Mitstreitern gute Nerven, gute Laune und guten Erfolg!